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Ich starrte auf das Schiff. Es lag ein Stück vom Quai entfernt, grell beleuchtet, im Tejo. Obschon ich seit einer Woche in Lissabon war, hatte ich mich noch immer nicht an das sorglose Licht dieser Stadt gewöhnt. In den Ländern, aus denen ich kam, lagen die Städte nachts schwarz da wie Kohlengruben, und eine Laterne in der Dunkelheit war gefährlicher als die Pest im Mittelalter. Ich kam aus dem Europa des zwanzigsten Jahrhunderts.

Das Schiff war ein Passagierdampfer, der beladen wurde. Ich wußte, daß es am nächsten Abend abgehen sollte. Im harten Schein der nackten elektrischen Birnen wurden Ladungen von Fleisch, Fisch, Konserven, Brot und Gemüse verstaut; Arbeiter schleppten Gepäck an Bord, und ein Kran schwang Kisten und Ballen so lautlos herauf, als wären sie ohne Gewicht. Das Schiff rüstete sich zur Fahrt, als wäre es eine Arche zur Zeit der Sintflut. Es war eine Arche. Jedes Schiff, das in diesen Monaten des Jahres 1940 Europa verließ, war eine Arche. Der Berg Ararat war Amerika, und die Flut stieg täglich. Sie hatte Deutschland und Österreich seit langem überschwemmt und stand tief in Polen und Prag; Amsterdam, Brüssel, Kopenhagen, Oslo und Paris waren bereits in ihr untergegangen, die Städte Italiens stanken nach ihr, und auch Spanien war nicht mehr sicher. Die Küste Portugals war die letzte Zuflucht geworden für die Flüchtlinge, denen Gerechtigkeit, Freiheit und Toleranz mehr bedeuteten als Heimat und Existenz. Wer von hier das Gelobte Land Amerika nicht erreichen ko

Ich war nachmittags im Casino von Estoril gewesen, um zu spielen. Ich besaß noch einen guten Anzug, und man hatte mich hineingelassen. Es war ein letzter, verzweifelter Versuch gewesen, das Schicksal zu bestechen. Unsere portugiesische Aufenthaltserlaubnis lief in wenigen Tagen ab, und Ruth und ich hatten keine anderen Visa. Das Schiff, das im Tejo lag, war das letzte, mit dem wir in Frankreich gehofft hatten, New York zu erreichen; aber es war seit Monaten ausverkauft, und uns hätten, außer der amerikanischen Einreiseerlaubnis, auch noch über dreihundert Dollar Fahrgeld gefehlt. Ich hatte versucht, wenigstens das Geld zu bekommen, in der einzigen Art, die hier noch möglich war — durch Spielen. Es war si

Ich hatte von den zweiundsechzig Dollars, die wir noch besessen hatten, sechsundfünfzig verloren.

Der Quai war in der späten Nacht ziemlich leer. Nach einer Weile bemerkte ich jedoch einen Ma

Kurz darauf hörte ich Schritte hinter mir. Ich ging weiter, ohne schneller zu werden, während ich überlegte, wie ich Ruth benachrichtigen kö

Der Ma

Ich schüttelte den Kopf und ging weiter.

„Österreicher?"

Ich antwortete nicht. Ich sah auf die pastellfarbenen Häuser, die viel zu langsam näher kamen. Ich wußte, daß es portugiesische Polizisten gab, die sehr gut deutsch sprachen.

„Ich bin kein Polizist", sagte der Ma

Ich glaubte ihm nicht. Er war in Zivil, aber Gendarmen in Zivil hatten mich ein halbes dutzendmal in Europa festgenommen. Ich hatte zwar jetzt Ausweispapiere bei mir, die nicht schlecht gemacht waren, in Paris von einem Mathematikprofessor aus Prag, aber sie waren etwas gefälscht.

„Ich sah Sie, wie Sie das Schiff betrachteten", sagte der Ma

Ich streifte ihn mit einem gleichgültigen Blick. Er sah nicht aus wie ein Polizist; aber der letzte Gendarm, der mich in Bordeaux erwischt hatte, hatte so erbarmungswürdig ausgesehen wie Lazarus nach drei Tagen im Grabe, und er war der unbarmherzigste von allen gewesen. Er hatte mich verhaftet, obschon er wußte, daß die deutschen Truppen in einem Tage in Bordeaux sein sollten, und ich wäre verloren gewesen, hätte mich ein barmherziger Gefängnisdirektor nicht ein paar Stunden später freigelassen.

„Möchten Sie nach New York?" fragte der Ma

Ich antwortete nicht. Ich brauchte nur noch zwanzig Meter, um ihn niederstoßen und entfliehen zu kö

„Hier sind zwei Fahrkarten für das Schiff, das drüben liegt", sagte der Ma

Ich sah die Scheine. Ich ko

„Was soll das alles?" fragte ich auf portugiesisch. Ich ka

„Sie kö





„Sie brauchen sie nicht? Was heißt das?"

„Ich brauche sie nicht mehr."

Ich starrte den Ma

„Ich ka

„Ich will sie nicht verkaufen", sagte der Ma

Ich blickte wieder auf die Scheine. „Sind sie echt?"

Er reichte sie mir, ohne zu antworten. Sie knisterten in meinen Händen. Sie waren echt. Sie zu besitzen war der Unterschied zwischen Untergang und Rettung. Selbst we

„Ich verstehe Sie nicht", sagte ich.

„Sie kö

Ich ließ die Hände sinken. Ich hatte gewußt, daß es nicht wahr sein ko

„Ich möchte diese Nacht nicht allein bleiben."

„Sie wollen, daß wir zusammenbleiben?"

„Ja. Bis morgen früh."

„Das ist alles?"

„Das ist alles."

„Sonst nichts?"

„Sonst nichts."

Ungläubig blickte ich den Ma