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KERN KLOPFTE AN die Tür nebenan. Eine Stimme von dri

Sie hatte ein Gesicht wie eine Schleiereule. Die wulstigen Falten waren dicht mit weißem Puder überdeckt und wirkten wie eine gebirgige Schneelandschaft. Tief darin, wie Löcher, saßen die schwarzen Augen. Sie starrte Kern an, als wollte sie ihm im nächsten Auenblick mit ihren Krallen ins Gesicht fliegen. In den Händen hielt sie einen zi

»Ich möchte mit Fräulein Holland sprechen.«Das Lächeln verschwand wie weggewischt.»Ach so.«Die Schimanowska blickte Kern verächtlich an und bega

Ruth Holland hockte auf ihrem Bett. Sie hatte gelesen. Kern sah, daß es das Bett war, an dem er nachts gestanden hatte. Er fühlte plötzlich eine Wärme hinter seiner Stirn.»Ka

Das Mädchen stand auf und ging mit ihm auf den Korridor. Die Schimanowska ließ ihnen ein Schnauben wie von einem verwundeten Pferd folgen.

»Ich wollte Sie fragen, ob Sie mit ins Kino wollen«, sagte Kern draußen.»Ich habe zwei Karten«, log er hinzu.

Ruth Holland sah ihn an.

»Oder haben Sie etwas anderes vor? Es ka

Sie schüttelte den Kopf.»Nein, ich habe nichts vor.«

»Da

»Daran bin ich schon gewöhnt.«

»Um so schlimmer. Ich war nach zwei Minuten schon froh, wieder draußen zu sein. Ich dachte, ich würde aufgefressen.«

Das Mädchen lachte. Sie wirkte plötzlich sehr kindlich.»Die Schimanowska sieht nur so aus. Sie hat ein gutes Herz.«

»Mag sein, aber das sitzt ihr nicht auf den Schultern. Der Film fängt in’einer Viertelstunde an. Wollen wir gehen?«

»Gut«, sagte Ruth Holland, und es schien, als fasse sie damit einen Entschluß.

An der Kasse ging Kern rasch voraus.»Einen Augenblick, ich hole nur die Karten ab. Sie sind hier hinterlegt.«

Er kaufte zwei Billette und hoffte, daß sie nichts gemerkt hatte. Es war ihm gleich darauf aber auch schon egal – die Hauptsache war, daß sie neben ihm saß.

Der Saal wurde dunkel. Die Kasbah von Marrakesch erschien auf der Leinwand, malerisch und von So

Ruth Holland lehnte sich in ihrem Sessel zurück. Die Musik fiel über sie wie ein warmer Regen – ein warmer, eintöniger Regen, aus dem sich quälend die Eri

Sie stand am Burggraben von Nürnberg. Es war April. Vor ihr stand in der Dunkelheit der Student Herbert Billing, ein zerknülltes Zeitungsblatt in der Hand.

»Du verstehst, was ich meine, Ruth?«

»Ja, ich verstehe es, Herbert! Es ist leicht zu verstehen.«

Billing zerknitterte nervös das Exemplar des»Stürmer«.

»Mein Name als Judenknecht in der Zeitung! Als Rassenschänder! Das ist der Ruin, verstehst du?«

»Ja, Herbert.«

»Ich muß sehen, wie ich da ’rauskomme. Meine ganze Karriere steht auf dem Spiel. In der Zeitung, das liest jeder, verstehst du?«

»Ja, Herbert. Mein Name steht auch in der Zeitung.«

»Das ist ganz was anderes! Was ka

»Du hast recht, Herbert.«

»Also Schluß, nicht wahr? Wir sind getre

»Nichts mehr. Und nun leb wohl.«

Sie drehte sich um und ging.

»Warte – Ruth – hör doch, einen Moment!«

Sie blieb stehen. Er kam heran. Sein Gesicht war so dicht vor ihr in der Dunkelheit, daß sie seinen Atem spürte.»Hör zu«, sagte er.»Wo gehst du jetzt hin?«

»Nach Hause.«

»Du brauchst doch nicht gleich…«Er atmete stärker.»Es ist natürlich alles abgemacht, nicht wahr? Das bleibt da





»Geh!«sagte sie.»Sofort!«

»Aber sei doch vernünftig, Ruth.«Er nahm sie um die Schulter.

Sie sah das hübsche Gesicht, das sie geliebt und dem sie gedankenlos vertraut hatte. Da

Billing zuckte zurück.»Was? Schlagen? Mich schlagen? Du dreckige Judensau willst mich schlagen?«

Er machte Miene, sich auf sie zu stürzen.

»Geh!«schrie sie gellend.

Er sah sich um.»Halt den Mund!«zischte er.»Willst mir wohl noch Leute auf den Hals hetzen, was? Kö

»Quand l’amour meurt«, sang die Frau auf der Leinwand mit ihrer dunklen Stimme durch den Lärm und Rauch des marokkanischen Cafés. Ruth Holland strich sich über die Stirn.

Das andere war wenig dagegen. Die Angst der Verwandten, bei denen sie wohnte – das Drängen des Onkels, abzureisen, damit er nicht hineingezogen würde – der anonyme Brief, in dem ihr mitgeteilt wurde, we

Die Flöten und Tamburine setzten auf der Leinwand wieder ein. Darüber hinweg wehte der Marsch der Fremdenlegionäre – die eiligen, erregenden Rufe der Clairons über den Kompanien der in die Wüste ziehenden Kämpfer ohne Heimat und Vaterland.

Kern beugte sich zu Ruth Holland hinüber.»Gefällt es Ihnen?«

»Ja…«

Er griff in die Tasche und schob ihr eine kleine flache Flasche hinüber.»Eau de Cologne«, flüsterte er.»Es ist heiß hier. Vielleicht erfrischt es Sie etwas.«

»Danke.«

Sie schüttelte ein paar Tropfen auf ihre Hand. Kern sah nicht, daß sie plötzlich Tränen in den Augen hatte.

»Danke«, sagte sie noch einmal.

STEINER SASSZUM zweitenmal im Café Hellebarde. Er schob dem Kellner einen Fünfschillingschein hin und bestellte einen Kaffee.

»Telefonieren?«fragte der Kellner.

Steiner nickte. Er hatte noch einige Male mit wechselndem Glück in anderen Lokalen gespielt und besaß jetzt etwa fünfhundert Schilling.

Der Kellner legte ihm einen Pack Journale hin und ging. Steiner griff nach einer Zeitung und bega

Der Kellner brachte den Kaffee und stellte ein Glas Wasser dazu.»Die Herren kommen in einer Stunde.«

Er blieb am Tisch stehen.»Schönes Wetter heute, was?«fragte er nach einiger Zeit.

Steiner nickte und starrte auf die Wand, an der eine Aufforderung hing, durch Malzbiertrinken das Leben zu verlängern.

Der Kellner schlurfte hinter die Theke zurück. Nach einiger Zeit brachte er auf einem Tablett ein zweites Glas Wasser heran.

»Bringen Sie mir lieber einen Kirsch«, sagte Steiner.

»Gut. Sofort.«

»Trinken Sie auch einen mit.«

Der Kellner verbeugte sich.»Danke, mein Herr. Sie haben Verständnis für unsereins. Das findet man selten.«

»Ach wo!«erwiderte Steiner.»Ich langweile mich nur, das ist alles.«