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Romane Bitterschokolade

1

»Eva«, sagte Herr Hochstein. Eva senkte den Kopf, griff nach ihrem Fьller, schrieb. »Eva«, sagte Herr Hochstein noch einmal. Eva senkte den Kopf tiefer, griff nach Lineal und Bleistift, zeichnete die Pyramide. Sie hцrte ihn nicht. Sie wollte ihn nicht hцren. Nicht aufstehen, nicht zur Tafel gehen. Jetzt hatte sie gewa­ckelt. Blind tastete sie nach dem Federmдppchen, lieЯ ihre Finger ьber die Gegenstдnde gleiten, harte Blei­stifte, ein kleiner, kantiger Metallspitzer, der Kugel­schreiber mit der abgebrochenen Klammer, aber kein Radiergummi. Sie nahm ihre Schultasche auf die Knie, suchte mit gesenktem Kopf. Man ka

»Barbara«, sagte Herr Hochstein. In der dritten Rei­he erhob sich Babsi und ging zur Tafel. Eva schaute nicht auf. Aber sie wusste trotzdem, wie Babsi ging, mit schmalen, langen Beinen, mit dem kleinen Hintern in engen Jeans.

Eva fand den Radiergummi und hдngte die Schulta­sche wieder an den Haken. Sie radierte die verwackelte Linie und zog sie neu.

»Gut hast du das gemacht, Barbara«, sagte Herr

Hochstein. Babsi kam durch den schmalen Gang zwi­schen den Bankreihen zurьck und setzte sich. In ihr Stuhlrьcken hinein schrillte die Glocke.

Dritte Stunde Sport. Gekicher und Lachen im Um­kleideraum. Es wьrde ein heiЯer Tag werden, es war jetzt schon heiЯ. Eva zog ihre schwarzen Leggings an, wie immer, und dazu ein schwarzes T-Shirt mit kurzen Дrmeln. Sie gingen zum Sportplatz. Frau Madler pfiff und alle stellten sich in einer Reihe auf. Handball.

»Alexandra und Susa

Eva kauerte sich nieder, цffnete die Schleife an ihrem linken Turnschuh, zog den Schnьrsenkel heraus und fдdelte ihn neu ein.

Alexandra sagte: »Petra.«

Susa

Eva hatte den Schnьrsenkel durch die beiden unters­ten Lцcher geschoben und zog ihn gerade, sorgfдltig zog sie die beiden Teile auf gleiche Lдnge.

»Karola.« - »A

Eva fдdelte langsamer.

»Maxi.« - »Ingrid.« - »Babsi.« - »Monika.« - »Fran-ziska.« - »Christine.«

Eva bega

»Sabine Mьller.« - »Lena.« - »Claudia.« - »Ruth.« -»Sabine Karl.«

Eva lieЯ das Band ьber ihre Finger gleiten, legte die

Schleife und hielt sie zwischen Daumen und Zeigefin­ger fest.

»Irmgard.« — »Maja.« - »Inge.« - »Ulrike.« - »Han­na.« - »Kerstin.«

Ich mьsste meine Turnschuhe mal wieder waschen, dachte Eva, sie haben es nцtig.

»Gabi.« - »Anita.« - »Agnes.« - »Eva.«

Eva zog die Schleife fest und erhob sich. Sie war in Alexandras Gruppe.

Eva schwitzte. Der SchweiЯ ra

Auch die anderen hatten groЯe SchweiЯflecken unter den Armen, als die Stunde zu Ende war. Eva ging sehr langsam zum Umkleideraum, sie zog sich sehr langsam aus. Als sie sich ihr groЯes Handtuch ьbergehдngt hatte und die Tьr aufmachte, waren nur noch ein paar Mдdchen im Duschraum. Sie ging zur hintersten Du­sche, zu der in der Ecke. Nun beeilte sie sich, lieЯ das kalte Wasser ьber Rьcken und Bauch laufen, nicht ьber den Kopf, das Fцnen dauerte bei ihr zu lange. Mit den Hдnden klatschte sie sich Wasser ins Gesicht. Die Zementwand bekam dunkle Flecken, wo sie nass geworden war. Jetzt war Eva ganz allein im Dusch­raum. In aller Ruhe trocknete sie sich ab und hдngte

sich das Handtuch wieder so ьber die Schulter, dass es ihren Busen und ihren Bauch verdeckte. Im Umkleide-rauni war niemand mehr. Als sie sich gerade ihren Rock angezogen hatte, цffnete Frau Madler die Tьr. »Ach, Eva, du bist noch da. Bring mir doch nachher den Schlьssel.«

Eva kreuzte die Arme vor ihrer Brust und nickte.

Die groЯe Pause hatte schon angefangen. Eva holte sich ihr Buch aus dem Klassenzimmer und ging in den Pausenhof. Sie drдngte sich zwischen den Mдdchen hindurch bis zu ihrer Ecke am Zaun. Ihre Ecke! Sie setzte sich auf den Zementsockel des Zaunes und blдt­terte in ihrem Buch, suchte die Stelle, an der sie gestern Abend aufgehцrt hatte zu lesen. Neben ihr standen Lena, Babsi, Karola und Tine. Babsi war aber doch die Schцnste. Dass sie sich das traute, das enge, weiЯe T-Shirt ьber der nackten Brust!

Eva fand die Stelle im Buch. Ich betrachtete den To­ten, seine ausgezehrte Gestalt. Die Falten in seinem Gesicht, obwohl er hцchstens fьnfunddreiЯig sein mochte. Er war einen fьr die Indios typischen Tod ge­storben. An Entkrдftung. Sie kauen Kokablдtter, um den Hunger zu unterdrьcken, und eines Tages fallen sie um und sind tot.





»Ich war gestern in der Disko. Mit Joha

»Mensch, Babsi, das ist ja toll. Wie ist der de

»Prima. Und tanzen ka

Eva las weiter in »Warum zeigst du der Welt das Licht?« Vom schlanken Schlemmer bis hin zur Holly­woodkur fiel mir alles ein. Von der Vernichtung der Ьberproduktion in der EWG bis zu den Appetithem­mern, die in den Schaufenstern der Apotheken ange­priesen werden.

»Seid ihr mit seinem Auto gefahren?«

»Natьrlich.«

»Mein Bruder ist mit ihm in einer Klasse.«

Er hatte Hunger, ich wusste es. Auch ich hatte Hun­ger, und ich ko

Die Mдdchen kicherten. Eva ko

»Was liest du de

Eva klappte das Buch zu, den noch nicht gelesenen Teil zwischen Ringfinger und Mittelfinger haltend.

»Warum zeigst du der Welt das Licht?«, las Franzis­ka laut. »Ich ke

Eva nickte. »Es ist spa

»Magst du traurige Bьcher?«

»Ja. Ich finde, we

»Ich weine eigentlich nie beim Lesen. Aber im Kino, we

»Bei mir ist es umgekehrt. Im Kino weine ich nie, aber beim Lesen oft. Ich gehe aber auch selten ins Kino.«

»Wir kц

Eva zuckte mit den Schultern. »Kц

Wa

Eva stand auf. »Ich hole mir noch einen Tee«, sagte sie. Sie wollte Franziska nicht verletzen, die Einzige, von der sie begrьЯt wurde, we

Eva kam immer spдt, im letzten Moment. An der Ecke FriedrichstraЯe/ElisabethstraЯe war eine Nor­maluhr, dort wartete sie immer, bis es vier Minuten vor acht war, um ja nicht zu frьh anzukommen, um dem morgendlichen >WeiЯt-du-gestern-habe-ich< zu entge­hen.

Der Tee schmeckte schal und sьЯlich. Er war nur heiЯ.

Eva stand vor dem Schaufenster des Feinkostladens Schneider. Sie hatte sich dicht an die Schaufensterschei­be gestellt, damit sie ihr Bild im Glas nicht sehen musste, eine verzerrte, verschwommene Eva. Sie wollte das nicht sehen. Sie wusste auch so, dass sie zu fett war. Jeden Tag, fьnfmal in der Woche, ko