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»Gott weiß das auch nicht«, sage ich.»Der Besitzer weiß es ja selbst noch nicht. Er setzt die Preise erst fest, we

Georg verschluckt sich vor Lachen.»Na, schön«, erkläre ich.»Es ist absurd, sich Riesenfeld dabei vorzustellen; aber warum liebt er nicht wenigstens Operetten und leichte Musik? Wir kö

»Da kommt er«, sagt Georg.»Frag ihn.«

Wir öffnen die Tür. Durch den frühen Abend segelt Riesenfeld die Treppenstufen herauf. Der Zauber der Frühlingsdämmerung hat keinen Einfluß auf ihn gehabt, das sehen wir sofort. Wir begrüßen ihn mit falscher Kameraderie. Riesenfeld merkt es, schielt uns an und plumpst in einen Sessel.»Sparen Sie sich die Flausen«, brummt er in meine Richtung.

»Das wollte ich sowieso«, erwidere ich.»Es fällt mir nur schwer. Das, was Sie Flausen ne

Riesenfeld grinst kurz und böse.»Mit guten Manieren kommt man heutzutage nicht weit -«

»Womit de

»Mit gußeisernen Ellenbogen und einem Gummigewissen.«

»Aber Herr Riesenfeld«, sagt Georg begütigend.»Sie haben doch selbst die besten Manieren der Welt! Nicht die besten im bürgerlichen Si

»So? We

»Er hat die Manieren eines Räubers«, werfe ich ein, genau wie Georg es erwartet. Wir spielen dieses Spiel ohne vorherige Proben, als kö

Riesenfeld ist bei den Räubern etwas zusammengezuckt; der Schuß war zu nahe. Die Piraten versöhnen ihn wieder. Genau das war beabsichtigt. Georg holt eine Flasche Rothschen Korn aus dem Fach, in dem die Porzellanengel stehen, und schenkt ein.»Worauf wollen wir trinken?«fragt er.

Gewöhnlich trinkt man auf Gesundheit und gute Geschäfte. Das ist bei uns etwas schwierig. Riesenfeld ist dafür zu fein besaitet; er behauptet, so etwas sei bei einem Grabsteingeschäft nicht nur ein Paradoxon, sondern auch der Wunsch, daß möglichst viele Menschen stürben. Ebenso kö

Er starrt uns schief an, das Glas in der Hand, redet aber nicht. Nach einer Weile sagt er plötzlich in das Halbdunkel hinein:»Was ist eigentlich Zeit?«

Georg setzt erstaunt sein Glas nieder.»Der Pfeffer des Lebens«, erwidere ich ungerührt. Mich kriegt der alte Halunke nicht so leicht mit seinen Tricks. Ich bin nicht umsonst Mitglied des Dichterklubs Werdenbrück; wir sind große Fragen gewöhnt.

Riesenfeld beachtet mich nicht.»Was meinen Sie, Herr Kroll?«fragt er.

»Ich bin ein einfacher Mensch«, sagt Georg.»Prost!«

»Zeit«, beharrt Riesenfeld,»Zeit, dieses Fließen ohne Halt – nicht unsere lausige Zeit! Zeit, dieser langsame Tod.«

Dieses Mal setze auch ich mein Glas nieder.»Ich glaube, wir machen besser Licht«, sage ich.»Was haben Sie zu Abend gegessen, Herr Riesenfeld?«

»Halten Sie die Klappe, we

»Ich bin jetzt sechsundfünfzig«, sagt Riesenfeld.»Aber ich eri

»Ähnlich«, erwidert Georg friedlich.»Ich bin vierzig, aber ich fühle mich wie sechzig. Bei mir war es der Krieg.«

Er lügt, um Riesenfeld beizustehen.»Bei mir ist es anders«, erkläre ich, um ebenfalls mein Scherflein beizutragen.»Auch durch den Krieg. Ich war siebzehn, als ich hineinging – jetzt bin ich fünfundzwanzig, aber ich fühle mich noch wie siebzehn. Wie

siebzehn und siebzig. Mir ist meine Jugend beim Kommiß gestoh





len worden.«

»Bei Ihnen ist das nicht der Krieg«, erwidert Riesenfeld, der es anscheinend heute auf mich abgesehen hat, weil Zeit, der langsame Tod, mich noch nicht so erwischt hat wie ihn.»Sie sind nur einfach geistig zurückgeblieben. Im Gegenteil, der Krieg hat Sie sogar frühreif gemacht; ohne ihn ständen Sie heute noch auf der Stufe eines Zwölfjährigen.«

»Danke«, sage ich.»Welch ein Kompliment! Mit zwölf Jahren ist jeder Mensch ein Genie. Er verliert seine Originalität erst mit dem Eintreten der Geschlechtsreife, von der Sie Granit-Casanova ja so übertrieben viel halten. Ein ziemlich einförmiger Ersatz für den Verlust der Freiheit des Geistes!«

Georg schenkt neu ein. Wir sehen, daß es ein schwerer Abend wird. Wir müssen Riesenfeld aus den Schluchten der Weltschwermut hervorholen, und keiner von uns hat Lust, sich heute abend auf philosophische Plattheiten einzulassen. Wir möchten am liebsten unter einem Kastanienbaum ruhig, ohne zu reden, eine Flasche Moselwein trinken, anstatt in der Roten Mühle mit Riesenfeld über sein verlorenes Ma

»Sind Damen dabei?«

»Natürlich nicht. Dichtende Frauen sind dasselbe wie rechnende Pferde. Ausgenommen natürlich die Schüleri

»Woraus besteht da

»Daraus, daß über andere Schriftsteller geschimpft wird. Besonders über erfolgreiche.«

Riesenfeld grunzt verächtlich. Ich will schon aufgeben, da flammt gegenüber das Fenster im Hause Watzek auf wie ein beleuchtetes Bild in einem finsteren Museum. Wir sehen Lisa hinter den Vorhängen. Sie zieht sich gerade an und trägt nichts außer einem Büstenhalter und einem Paar sehr kurzer weißer Seidenhosen.

Riesenfeld stößt einen Pfiff durch die Nase aus wie ein Murmeltier. Seine kosmische Melancholie ist mit einem Schlage verschwunden. Ich erhebe mich, um Licht zu machen.»Kein Licht!«faucht er.»Haben Sie de

Er schleicht ans Fenster. Lisa begi

»Susa

»Unsi

»Keine Ahnung. Wir sehen sie zum erstenmal. Heute mittag wohnte sie noch nicht drüben.«

»Tatsächlich?«Lisa hat das Kleid übergezogen und streift es mit den Händen glatt. Georg schenkt hinter dem Rücken Riesenfelds sich und mir ein. Wir kippen die Gläser weg.»Eine Frau von Rasse«, sagt Riesenfeld, der weiter am Fenster klebt.»Eine Dame, das sieht man. Wahrscheinlich Französin.«

Lisa ist, soviel wir wissen, Böhmin.»Es kö