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«Herr Archilochos?«fragte eine leise, zögernde Stimme. Archilochos erhob sich, kam mit dem Ärmel an die Tasse, wobei die Milch über seine Brille lief. Endlich hatte er sie wieder auf, und durch die Milchstriemen hindurch blinzelte er nach Chloé Saloniki, ohne sich zu rühren.
«Noch eine Tasse Milch«, sagte er endlich.
«O«, lachte Chloé,»mir auch.»
Archilochos setzte sich, ohne den Blick von ihr wenden zu kö
«O«, sagte sie glücklich,»so nett habe ich dich mir nicht vorgestellt. Ich bin froh, daß wir Griechen uns gefunden haben. Aber komm, deine Brille ist voll Milch.»
Sie nahm sie ihm vom Gesicht und reinigte sie, offenbar mit ihrem Halstuch, wie es dem kurzsichtigen Archilochos schien, hauchte an die Gläser.
«Fräulein Saloniki«, würgte er endlich hervor, als spreche er sein eigenes Todesurteil aus:»Ich bin vielleicht nicht so ganz ein richtiger Grieche mehr. Meine Familie ist zur Zeit Karls des Kühnen eingewandert.»
Chloé lachte:»Grieche bleibt Grieche.»
Da
«Fräulein Saloniki…»
«Sag doch Chloé zu mir«, sagte sie,»und >du<, jetzt da wir heiraten, und ich will dich heiraten, weil du ein Grieche bist. Ich will dich einfach glücklich machen.»
Archilochos wurde rot.»Es ist das erste Mal, Chloé«, sagte er endlich,»daß ich mit einem Mädchen rede, sonst nur mit Madame Bieler.»
Chloé schwieg, schien über etwas nachzudenken, und beide tranken die heiße, dampfende Milch.
Nachdem Chloé und Archilochos das Lokal verlassen hatten, fand Madame Bieler die Sprache wieder.
«So was Piekfeines«, sagte sie.»Nicht zu glauben. Und ein Armband hatte sie, und eine Kette um den Hals, Hunderttausende von Franken. Muß tüchtig gearbeitet haben. Und hast du den Mantel gesehen? Was dies nur für ein Pelz ist! Eine bessere Frau ka
«Blutjung«, staunte Auguste noch immer.
«Ach was«, antwortete Georgette und füllte sich ein Glas mit Campari und Siphon,»die ist schon über dreißig. Aber hergerichtet. Die läßt sich jeden Tag massieren.»
«Tat ich auch«, meinte Auguste,»als ich die Tour de Suisse gewa
«Und ein Parfüm!»
Chloé und Archilochos standen auf der Straße. Es regnete immer noch. Auch der Nebel war noch da, finster, und die Kälte, die durch die Kleider drang.
Am Quai gebe es ein alkoholfreies Restaurant gegenüber dem Weltgesundheitsamt, sagte er endlich:»Ganz billig.»
Er fror in seinem zerschlissenen, feuchten Konfirmandenanzug.
«Gib mir den Arm«, forderte ihn Chloé auf.
Der Unterbuchhalter war verlegen. Er wußte nicht recht, wie man das machte. Er wagte kaum, das Wesen anzusehen, das an seiner Seite durch den Nebel trippelte, um die schwarzen Haare ein silberblaues Tuch geschlagen. Er genierte sich ein wenig. Es war das erste Mal, daß er mit einem Mädchen durch die Stadt ging, und so war er eigentlich froh um den Nebel. Von einer Kirche her schlug es halb elf. Sie schritten durch leere Vorstadtstraßen, deren Häuser sich im nassen Asphalt spiegelten. Ihre Schritte hallten an den Wänden wider. Es war, als gingen sie durch Kellergewölbe. Kein Mensch war zu erblicken. Ein halbverhungerter Hund trottete ihnen aus dem Dunkel entgegen, ein verdreckter Spaniel, schwarzweiß, triefend vor Nässe, mit hängenden Ohren und hängender Zunge. Undeutlich waren die roten Straßenlichter zu sehen. Da
Chloé bega
Sie war eine Waise (nach ihrer Erzählung), ein Kind griechischer Leute, aus Kreta eingewandert, die in den bösen Wintern erfroren. In einer Baracke. Da
«Ein archäologisches Ehepaar?«wunderte sich Arnolph. Er hatte dergleichen noch nie vernommen.
Ein Ehepaar, das Archäologie studiert, verdeutlichte Chloé Saloniki, und in Griechenland Ausgrabungen gemacht habe.
«Sie entdeckten dort einen Tempel mit kostbaren Standbildern, im Moos versunken, und goldenen Säulen«, sagte sie.
Wie de
Chloé zögerte. Sie schien nach einem Namen zu suchen.
«Gilbert und Elizabeth Weeman.»
«Die berühmten Weemans?»
(Eben war im >Match< ein Artikel mit farbigen Bildern erschienen.)
«Die.»
Er werde sie in seine sittliche Weltordnung einbauen, sagte Arnolph. Als Nummer neun und zehn, doch vielleicht auch als Nummer sechs und sieben, indem Maître Dutour und der Rector magnificus Nummer neun und zehn ei
«Du hast eine sittliche Weltordnung?«fragte Chloé verwundert.»Was ist de
Man müsse einen Halt haben im Leben, sittliche Vorbilder, sagte Archilochos, auch er habe es nicht leicht, we
Das Wetter hatte sich verändert, unmerklich zuerst für die beiden. Der Regen hatte aufgehört, der Nebel sich gelockert. Er war zu gespenstischen Figuren geworden, zu langgestreckten Drachen, zu schwerfälligen Bären und Riesenmä
Sie befanden sich am Quai vor dem Staatspräsidenten-Palais. Der Strom war braun und mächtig angeschwollen. Brücken mit rostigen Eisengeländern spa
Da geschah das Unfaßbare.
Im Moment als der Staatspräsident an Chloé und Archilochos vorbeifuhr und Arnolph, erfreut über seine unverhoffte Begegnung mit Nummer eins seiner Weltordnung (die zu erklären er im Begriffe war), nach der spitzbärtigen und ergrauten Exzellenz spähte, die, goldübersät, vom Fenster seiner Karosse eingerahmt, genau dem Bilde glich, das über den Pernod- und Campariflaschen Madame Bielers hing, grüßte mit einem Male der Staatspräsident den Unterbuchhalter, indem Seine Exzellenz mit der rechten Hand winkte, als wäre Archilochos ein alter Beka
«Der Staatspräsident grüßte mich«, stotterte Archilochos fassungslos.
«Warum soll er dich de
«Ich bin doch nur ein unbedeutender Staatsbürger!»
«Als Staatspräsident ist er unser aller Vater«, erklärte Chloé den seltsamen Vorgang.
Da trat ein weiteres Ereignis ein, das Archilochos zwar auch nicht begreifen ko
Eigentlich wollte er gerade auf Nummer zwei seiner Weltordnung zu sprechen kommen, auf den Bischof Moser und auf den eminenten Unterschied, der sich zwischen den Altneu- und den Altpresbyteranern der vorletzten Christen gebildet hatte, um da