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Zur Kanzlei des Bischofs von Arkanar wollte Rumata auf Umwegen gelangen. Auf leisen Sohlen schlich er sich durch eine Flucht von Hinterhöfen, er versteckte sich in zum Trocknen aufgehängte Lumpen, kroch durch Löcher in Zäunen, hinterließ an hervorstehenden rostigen Nägeln seine reichen Bänder und Fetzen edelster soanischer Spitze und kroch auf allen vieren zwischen Bergen von Kartoffeln hindurch. Und trotzdem gelang es ihm nicht, dem wachsamen Auge der Schwarzen Soldateska zu entkommen. Als er in die enge, gewundene Gasse einbog, die zur großen Müllgrube führte, stieß er mit zwei düsteren betrunkenen Mönchen zusammen.

Rumata wollte ihnen ausweichen, die Mönche aber zogen ihre Schwerter und versperrten ihm den Weg. Rumata griff ebenfalls zu seinen beiden Schwertern, da pfiffen die Mönche auf drei Fingern und riefen Verstärkung herbei. Rumata wollte schon zu dem Loch im Zaun zurückweichen, durch das er eben herausgekrochen war, als ihm ein flinker kleiner Ma

Die Gasse war menschenleer. Aber schon hörte man das leise Knarren von Fensterläden, Türen gingen auf und zu, ein Säugling weinte, und über alle dem hing ein ängstliches Geflüster. Hinter einem halbverfaulten Lattenzaun reckte sich vorsichtig ein mageres, abgezehrtes Gesicht hervor, das ganz schwarz war vor eingefressenem Ruß. Zwei verängstigte eingefallene Augen starrten Rumata an. »Ich bitte um Vergebung, edler Don, und noch einmal um Vergebung. Ka

»Geh nicht hin«, riet ihm Rumata. »Die Mönche ke

Nach jedem Wort Rumatas nickte der Schmied eilig, seine Augen füllten sich mit Wehmut und Verzweiflung.

»Der Orden, also wie …«, murmelte er schwerfällig. »Ach, daß dich doch die Cholera … Ich bitte um Vergebung, edler Don. Der Orden, also da

»Aber nein«, sagte Rumata und betrachtete ihn mit einer gewissen Neugier. »Die Grauen, verstehst du, die hat man geschlagen. Die da sind die Mönche.«

»Och, jeje!« sagte der Schmied. »Und die Grauen sind also auch … Na, und der Orden …! Die Grauen sind geschlagen? Das ist ja gar nicht schlecht. Ganz gut so, nicht? Aber was ist jetzt mit uns, edler Don, was meint Ihr? Wir werden uns halt anpassen, wie? Unter dem Orden, was?«

»Warum nicht«, sagte Rumata. »Der Orden muß auch essen und trinken. Richtet euch halt ein!«

In den Schmied kam plötzlich Leben.

»Ich glaub auch, daß wir uns anpassen und fügen werden. Ich glaub, die Hauptsache ist: Rühr die andern nicht an, und man wird auch dich in Ruhe lassen, wie?«

Rumata schüttelte den Kopf.

»Aber nein«, sagte er. »Wer sich nicht selber rührt, den wird man als ersten abschlachten.«

»Das ist auch wieder wahr«, stöhnte der Schmied. »Aber was soll man de

»Ich weiß nicht«, sagte Rumata, »vielleicht haben sie ihn wirklich umgebracht. Aber du überlege dir lieber folgendes, Schmied. Du als einzelner bist so schwach wie ein Finger, das stimmt. Aber solche Finger gibt es bei euch in der Stadt an die zehntausend.«

»Ja, und?« sagte der Schmied.

»So denk halt einmal nach!« sagte Rumata verärgert und ließ ihn stehen.





Was wird dir schon einfallen? Ein großer Dreck! Es ist noch zu früh für dich, zu denken. Dabei ist es doch so einfach: Zehntausend solcher Hämmerfäuste – we

»Mein edler Freund!« brüllte er. »Welche Freude! Ich sehe, Sie gehen auch zur Kanzlei?«

»Ja, ja, natürlich, mein edler Don«, antwortete Rumata und befreite sich geschickt aus seiner Umarmung. »Erlauben Sie mir, mich Ihnen anzuschließen, edler Don?«

»Es ist mir eine Ehre, edler Don.«

Jeder machte eine Verbeugung. Offenbar hatte Don Tameo seinen Durst vom Vormittag noch immer nicht gestillt. Aus seiner mächtig breiten, gelben Hose zog er ein kleines Fläschchen feinster Qualität heraus.

»Wünschen Sie nicht vielleicht?« kam sein Angebot mit eleganter Geste.

»Schönen Dank«, sagte Rumata.

»Rum!« erklärte Don Tameo. »Echter Rum aus der Hauptstadt! Ich habe ihn mit Gold bezahlt!«

Sie stiegen hinunter zur Müllgrube. Mit zugehaltener Nase schritten sie durch Abfallhaufen, vorbei an toten Hunden und stinkenden Pfützen, in denen es vor weißen Würmern brodelte. In der Morgenluft hing ein ununterbrochenes Gebrumm von Millionen smaragd-farbener Fliegen.

»Eigenartig«, sagte Don Tameo und verschloß die Flasche, »hier bin ich noch nie gewesen.«

Rumata schwieg.

»Don Reba hat mich schon immer entzückt«, sagte Don Tameo. »Ich wußte ja, daß er den nichtswürdigen Monarchen vom Thron fegen würde, uns neue Wege bereitet und neue Perspektiven eröffnet.« Bei diesen Worten rutschte er mit einem Bein in eine gelbgrüne Pfütze, bespritzte sich von Kopf bis Fuß, hielt sich aber sogleich an Rumata fest, um nicht der Länge nach hineinzufallen. »Ja!« fuhr er fort, als sie wieder festen Grund unter den Beinen hatten. »Wir, die junge Aristokratie, wir werden immer auf seiten Don Rebas stehen! Jetzt wird man uns endlich den nötigen Respekt entgegenbringen. Urteilen Sie doch selbst, Don Rumata, jetzt gehe ich schon eine ganze Stunde durch Gassen und Gärten und habe noch keinen einzigen Grauen angetroffen. Wir haben das Graue Geschmeiß vom Angesicht der Erde hinweggefegt – und wie süß und frei ka

»Ein ekelhafter Gestank«, sagte Rumata gefühlvoll. »Ja, scheußlich«, stimmte Don Tameo zu und verschloß seine Flasche. »Dafür aber – wie frei atmet man im neugeborenen Arkanar! Und der Weinpreis ist um die Hälfte gesunken …« Gegen Ende des Weges hatte Don Tameo seine Flasche bis zum Boden geleert, schleuderte sie von sich und geriet dabei in ungewöhnliche Erregung. Zweimal fiel er der Länge nach hin, wobei er sich beim zweitenmal weigerte, sich zu reinigen, indem er erklärte, daß er sündig sei und von Natur aus befleckt, und er wünsche in diesem Zustand vor seinen neuen Herrn zu treten. Wieder und immer wieder bega

Auf dem Platz vor dem Eingang zur Kanzlei stand im Schatten des quadratischen Turms der Fröhlichkeit eine Abteilung von Infanteriemönchen, die mit furchteinflößenden knotigen Knüppeln bewaffnet waren. Die Toten hatte man weggeschafft. Der Morgenwind jagte gelbe Staubsäulen über den Platz. Unter dem breiten konischen Dach des Turms schrien und stritten sich wie immer die Krähen – dort, an den hervorragenden Balken, erhängte man die Menschen mit dem Kopf nach unten. Der Turm war vor zweihundert Jahren von den Vorfahren des Königs erbaut worden, und zwar ausschließlich für Verteidigungszwecke im Kriegsfall. Er stand auf einem festen dreistöckigen Fundament, in dem früher Lebensmittelvorräte für den Fall einer längerdauernden Belagerung aufbewahrt wurden. Später verwandelte man den Turm in ein Gefängnis. Aber nach einem Erdbeben brachen alle Decken im I