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Der Schuss, der sich aus seinem Gewehr löste, löste sich zu spät. José sah nur noch einen Wirbel aus rasender, brodelnder Wut, ein Huf traf ihn am Kopf – und er erwachte aus seinem Eri

»Ein … ein Bulle«, flüsterte er. »Es war nur ein Bulle. Und wir haben die ganze Zeit über gedacht …«

Der Schmerz hinter seiner Schläfe war noch immer da, er war zu real, um aus seiner Eri

Sie war ins Wasser gerutscht, nur ihre Arme befanden sich noch auf der ehemaligen Kajütentür. Und sie rutschte weiter. Auch sie hatte die Augen geschlossen. José griff nach ihrer Hand und versuchte sie hochzuziehen, zurück auf die Tür. Aber er hatte keine Kraft mehr. Er, der ein Ma

»Marit!«, wollte er rufen, doch er flüsterte ihren Namen nur. Er sah, wie sich ihre Lippen bewegten, und verstummte, um zu lauschen. Ihre Worte waren leise wie der Wind am anderen Ende der Welt, doch nach einer Weile verstand er Fetzen von dem, was sie sagte.

Da war das Wort »Nachtfalter« und das Wort »Telefon«. Sie wiederholte ihren Satz, und schließlich verstand José: »Sie hat es auch am Telefon gesagt. Nachtfalter. Es geht um die Nacht-falter … Mission Nachtfalter … einen Tag bevor alles bra

Mari Nocturna, dachte José. Die Nächtliche Maria. Nein. Plötzlich verstand er, warum das a am Namen Maria fehlte. »Mari« war eine Abkürzung: die Abkürzung von »Mariposa«. Auch Waterwegs Schiff trug den Namen Mariposa. Mariposa Nocturna.Der Nachtfalter.

Aber wer hatte das Wort am Telefon gesagt? Und wo? In London? Eine Welle überspülte das Floß, riss an Marit – riss ihre Hand aus Josés Hand.

»Nein!«, schrie er. Wollte er schreien. Er schrie nicht. Es war ein stummes Nein.

Er sah Marit versinken, wie er die Mariposa hatte versinken sehen. Er wollte den Kopf heben, um zu sehen, ob ein Wunder geschehen und eines der Schiffe wiedergekommen war. Ob alles in letzter Sekunde noch gut würde. Doch sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Sein Kopf sank zurück auf das Holz der Bank und er schloss die Augen wieder.

Lied des Blaufußtölpels

Der Pinguin schwimmt, vor allen Dingen.

Der Fink, der singt voll Süße.

Der Albatros hat die größten Schwingen.

ICH habe die schönsten Füße.

Wale sind riesig. Delfine sind klug.

MIR sind meine blauen Füße genug.

Ich ka

we

Ich fliege und tauche voll Eleganz,

doch am schönsten sind meine Füße.

Sie sind sooo schön. Vom blauesten Blau.

Willst du sie sehen? Komm, schau genau.

Du, Bruder Mensch, hast weit und breit





die Welt dir untertan gemacht.

Doch deine Füße – welch ein Leid! –

sind hässlich wie die Nacht.

La cruz negra

Das schwarze Kreuz

Marit lag in ihrem Bett, zu Hause in Hamburg, und hörte den Fliegeralarm. Sie lag ganz still da. Sie wusste, sie musste aufstehen, den Koffer nehmen und mit Mama und Julia hinunter in den Luftschutzkeller gehen. Nein. Sie würde einfach hier liegen bleiben, bis alles wieder still war. Es würde nichts passieren. Es gab so oft Alarm. Es passierte nie etwas.

»Marit! Wach auf!« Das war Mama. Sie musste direkt neben Marits Bett stehen. Und da

Marit rieb sich die Augen. »Was?«

Sie sah Mama lächeln, obwohl es doch dunkel war. »Später. Später erkläre ich es dir«, sagte sie. »Beeil dich jetzt. Ich kümmere mich um Julia.«

Marit schlüpfte in ihre Sachen. Etwas streifte ihre Wange – vielleicht war es einer der nächtlichen Schmetterlinge. Sie beeilte sich, das Hemd über den Kopf zu ziehen, aber sie war zu verschlafen und zu verwirrt: Sie verhedderte sich darin, fand die Ärmel nicht, fand den Kragen nicht, steckte fest, ko

Die Körper von Seelöwen.

Die Benommenheit wich von Marit, und sie sah sie jetzt deutlich: ihre blitzenden Knopfaugen, ihre runden Köpfe, die zitternden Schnurrhaare. Und da

Gleich darauf spürte sie Sand unter sich, zog sich auf einen Strand und blieb dort liegen. Die Seelöwen scharten sich um sie und beäugten sie voller Neugier. Eines der Tiere rieb seinen Kopf an Marits Kopf und da erka

»Chispa«, flüsterte sie. »Sie ist es, nicht wahr? Die Insel, zu der José wollte. Aber wo ist er? Habe ich ihn verloren, dort draußen auf dem Meer? Für … immer?«

Chispa sah zurück zum Wasser und Marit folgte ihrem Blick. Dort trieb ein seltsames Gefährt heran, ein Floß, bestehend aus einer Kajütentür und einer Schiffsbank. Das Floß fand den Weg durch das steinige Labyrinth langsam von selbst, verkantete sich manchmal zwischen den Felsen, löste sich wieder und wurde weiter von der Dünung des Meeres herangetragen. Ein Albatros und ein Flamingo schwammen dahinter auf dem Wasser, ein Wasserleguan. Und war das ein Pinguin? Auf dem Floß jedoch lag eine reglose Gestalt mit braun gebra

Da war es, als kehrte die Kraft in Marits Körper zurück, und sie schaffte es, aufzustehen und ins Wasser zurückzuwaten.

»José!«, rief sie heiser. »José, hörst du mich?«

Er hatte die Augen geschlossen. Eine weiße Salzwasserkruste verklebte seine Lider. Jetzt, jetzt war das Floß ganz nah. Marit packte seinen Rand und zog es auf den Strand. Die Tiere, die das Floß begleitet hatten, kamen an Land, und als der Albatros sein weißes Gefieder schüttelte, fiel etwas Kleines, Braunes heraus: Carmen.

Marit beugte sich über José. Er lag auf dem Bauch, und sie ko

»José!«, sagte sie noch einmal, verzweifelter.

Da hob er den Kopf und sah sie an.

»Sieh mal einer an«, wisperte er. »Du bist ja noch am Leben.«

In diesem Moment bega

Der Regen wusch ihnen das Salz von der Haut, wusch ihnen die Hitze aus dem Kopf und die Erschöpfung aus dem Herzen. Sie lagen nebeneinander im Sand, hielten ihre Gesichter den Tropfen entgegen und spürten, wie das Leben in sie zurückkehrte.