Добавить в цитаты Настройки чтения

Страница 32 из 99

Frau Niebuhr lauscht, als spiele Moritz Rosenthal ein Nocturne von Chopin.»Klingt ganz gut«, sagt sie da

Ich starre sie ärgerlich an. Sie starrt kalt zurück – das Urbild des ewigen Kunden mit Geld.

»Es gibt schon originelle Sachen«, erwidere ich sanft und giftig.»Zum Beispiel solche wie auf dem Campo Santo in Genua. Unser Bildhauer hat dort jahrelang gearbeitet. Eines der Glanzstücke ist von ihm – eine weinende Frauengestalt, über einen Sarg gebeugt, im Hintergrund der auferstandene Tote, der von einem Engel himmelwärts geführt wird. Der Engel sieht zurück und segnet mit der freien Hand die trauernde Hinterbliebene. Alles das in weißem carrarischem Marmor, der Engel entweder mit angelegten oder ausgebreiteten Flügeln -«

»Ganz nett. Was gibt es sonst noch?«

»Man stellt häufig auch den Beruf des Verschiedenen dar. Man kö

Frau Niebuhr schweigt, als erwarte sie mehr.»Die Familie ka

Ich habe plötzlich Angst, daß sie einen der Vorschläge a

»Und sonst?«fragt Frau Niebuhr unerbittlich.

Ich überlege, ob ich diesem unbarmherzigen Teufel etwas von dem Grabmal in Form eines Sarkophags erzählen soll, dessen Deckel sich etwas verschoben hat und aus dem eine skelettige Hand herausgreift – aber ich lasse es. Unsere Positionen sind zu ungleich; sie ist der Käufer und ich bin der Verkäufer, sie ka

»Das wäre alles für den Augenblick.«

Frau Niebuhr wartet noch einen Moment.»We

Sie sieht mich mit ihren Käferaugen an. Den Trauerschleier hat sie über den schwarzen Hut emporgeschlagen. Sie erwartet, daß ich jetzt ein wildes Theater mache. Ich tue es nicht.»Sie werden uns damit ein Vergnügen machen«, erkläre ich statt dessen kalt.»Es ist unser Prinzip, die Konkurrenz heranzuziehen, damit man sieht, wie leistungsfähig unsere Firma ist. Bei Aufträgen mit so viel Bildhauerarbeit kommt es natürlich sehr auf den Künstler an, sonst hat man plötzlich, wie kürzlich bei der Arbeit eines unserer Konkurrenten, dessen Namen ich verschweigen möchte, einen Engel mit zwei linken Füßen. Auch schielende Mütter Gottes sind schon dagewesen und ein Christus mit elf Fingern. Als man es merkte, war es da

Frau Niebuhr läßt den Schleier herunter wie einen Theatervorhang.»Ich werde schon aufpassen!«

Ich bin überzeugt, daß sie das tun wird. Sie ist ein gieriger Genießer ihrer Trauer und schlürft sie in vollen Zügen. Es wird noch lange dauern, bis sie etwas bestellt; de

Der Sargtischler Wilke kommt aus seiner Werkstatt. In seinem Schnurrbart hängen Hobelspäne. Er hält ein Kistchen appetitlicher Kieler Sprotten in der Hand und ißt sie schmatzend.

»Wie denken Sie über das Leben?«frage ich ihn.

Er hält an.»Morgens anders als abends, im Winter anders als im Sommer, vor dem Essen anders als nachher, und in der Jugend wahrscheinlich anders als im Alter.«

»Richtig. Endlich eine vernünftige Antwort!«

»Na schön, we





»Fragen bildet. Außerdem frage ich morgens anders als abends, im Winter anders als im Sommer, und vor dem Beischlaf anders als nachher.«

»Nach dem Beischlaf«, sagt Wilke.»Richtig, da ist immer alles anders! Das hatte ich ganz vergessen.«

Ich verbeuge mich vor ihm wie vor einem Abt.»Gratuliere zur Askese! Sie haben den Stachel des Fleisches also schon überwunden! Wer auch soweit wäre!«

»Unsi

»Wo auftischt?«frage ich.»Auf dem unfertigen Sarg? Auf dem polierten doch sicher nicht; Portwein macht Ringe.«

»Auf der Fensterbank. Auf dem Sarg ka

»Stimmt. Aber es ist schwer, das immer auseinanderzuhalten!«

»Es kommt darauf an. Einmal, in Hamburg, hatte ich eine Dame, der war es egal. Es machte ihr sogar Spaß. Sie war scharf drauf. Ich füllte den Sarg halbvoll mit weichen weißen Hobelspänen aus Ta

Wilke wirft mir einen wilden Blick zu, grinst kurz und scharrt genußvoll in seinem Kistchen, ohne es mir anzubieten.»Ich ke

Wilke winkt ab.»Diese hier sind frisch geräuchert. Und sehr zart. Eine Delikatesse. Ich teile sie mit Ihnen, we

Ich starre den Sargtischler an. Er meint zweifellos Gerda. Gerda, auf die ich gerade warte.»Ich bin kein Mädchenhändler«, sage ich scharf.»Aber ich will Ihnen einen Rat geben. Führen Sie Ihre Damen anderswohin und nicht gerade in Ihre Werkstatt.«

»Wohin de

»Haben Sie keine Wohnung?«

»Mein Zimmer ist nicht sturmfrei. Meine Vermieterin ist ein Drache. Vor Jahren habe ich mal was mit ihr gehabt. In äußerster Not, verstehen Sie? Nur kurz – aber der Satan ist heute, zehn Jahre später, noch eifersüchtig. Mir bleibt nur die Werkstatt. Also, wie ist es mit einem Freundschaftsdienst? Stellen Sie mich der Dame im Sweater vor!«

Ich zeige stumm auf das leergefressene Sprottenkistchen. Wilke wirft es in den Hof und geht zum Wasserhahn, um sich die Pfoten zu waschen.»Ich habe oben noch eine Flasche erstklassigen Portwein-Verschnitt.«

»Behalten Sie das Gesöff für Ihre nächste Bajadere.«

»Bis dahin wird Tinte daraus. Aber es gibt noch mehr Sprotten in der Welt als dieses eine Kistchen.«

Ich zeige auf meine Stirn und gehe ins Büro, um mir einen Zeichenblock und einen Klappsessel zu holen und für Frau Niebuhr ein Mausoleum zu entwerfen. Ich setze mich neben den Obelisken – so ka