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Ich reiße die Knochen zusammen und melde:»Hauptquartier der Firma Kroll und Söhne! Stab bei Feindbeobachtung. Verdächtige Truppenbewegungen im Bezirk des Pferdeschlächters Watzek.«

»Aha!«sagt Georg.»Lisa bei der Morgengymnastik. Rühren Sie, Gefreiter Bodmer! Warum tragen Sie vormittags keine Scheuklappen wie das Paukenpferd einer Kavalleriekapelle und schützen so Ihre Tugend? Ke

»Wie soll ich sie ke

»Tugend, Einfalt und Jugend«, dekretiert Georg.»Einmal verloren, nie wieder zu gewi

»Armut, Krankheit und Einsamkeit«, erwidere ich und rühre.

»Das sind nur andere Namen für Erfahrung, Alter und mißleitete Intelligenz.«

Georg nimmt mir die Zigarre aus dem Mund, betrachtet sie kurz und bestimmt sie wie ein Sammler einen Schmetterling.»Beute von der Metallwarenfabrik.«

Er zieht eine schöne angerauchte, goldbraune Meerschaumspitze aus der Tasche, paßt die Brasil hinein und raucht sie weiter.

»Ich habe nichts gegen die Beschlagnahme der Zigarre«, sage ich.»Es ist rohe Gewalt, und mehr ke

»Und ich kein Homosexueller.«

»Georg«, sage ich.»Im Kriege hast du mit meinem Löffel Erbsensuppe gegessen, we

Georg betrachtet die Asche der Brasil. Sie ist schneeweiß.»Der Krieg ist viereinhalb Jahre vorbei«, doziert er.

»Damals sind wir durch maßloses Unglück zu Menschen geworden. Heute hat uns die schamlose Jagd nach Besitz aufs neue zu Räubern gemacht. Um das zu tarnen, brauchen wir wieder den Firnis gewisser Manieren. Ergo! Aber hast du nicht noch eine zweite Brasil? Die Metallwarenfabrik versucht Angestellte nie mit einer einzigen zu bestechen.«

Ich hole die zweite Zigarre aus der Schublade und gebe sie ihm.»Intelligenz, Erfahrung und Alter scheinen doch für etwas gut zu sein«, sage ich.

Er grinst und händigt mir dafür eine Schachtel Zigaretten aus, in der sechs fehlen.»War sonst was los?«fragt er.

»Nichts. Keine Kunden. Aber ich muß dringend um eine Gehaltserhöhung ersuchen.«

»Schon wieder? Du hast doch erst gestern eine gehabt!«

»Nicht gestern. Heute morgen um neun. Lumpige achttausend Mark. Immerhin, heute morgen um neun war das wenigstens noch etwas. Inzwischen ist der neue Dollarkurs herausgekommen, und ich ka

»Wie steht der Dollar jetzt?«

»Heute mittag sechsunddreißigtausend Mark. Heute morgen waren es noch dreißigtausend.

Georg Kroll besieht seine Zigarre.»Sechsunddreißigtausend! Das geht ja wie das Katzenrammeln! Wo soll das enden?«

»In einer allgemeinen Pleite, Herr Feldmarschall«, erwidere ich.»Inzwischen aber müssen wir leben. Hast du Geld mitge-bracht?«

»Nur einen kleinen Handkoffer voll für heute und morgen. Tausender, Zehntausender, sogar noch ein paar Pakete mit lieben, alten Hundertern. Etwa fünf Pfund Papiergeld. Die Inflation geht ja jetzt so schnell, daß die Reichsbank mit dem Drucken nicht mehr nachkommt. Die neuen Hunderttausendernoten sind erst seit vierzehn Tagen raus – und jetzt müssen bald schon Millionenscheine gedruckt werden. Wa

»We

»Mein Gott!«seufzt Georg.»Wo sind die schönen ruhigen Zeiten von 1922? Da stieg der Dollar in einem Jahr nur von zweihundertfünfzig auf zehntausend. Ganz zu schweigen von 1921 – da waren es nur lumpige dreihundert Prozent.«

Ich sehe aus dem Fenster, das zur Straße hinausgeht. Lisa trägt jetzt einen seidenen Schlafrock, mit Papageien bedruckt. Sie hat einen Spiegel an die Fensterklinke gehängt und bürstet ihre Mähne.





»Sieh das da an«, sage ich bitter.»Es sät nicht, es erntet nicht, und der himmlische Vater ernährt es doch. Den Schlafrock hatte sie gestern noch nicht. Seide, meterweise! Und ich ka

Georg schmunzelt:»Du bist eben ein schlichtes Opfer der Zeit. Lisa dagegen schwimmt mit vollen Segeln auf den Wogen der deutschen Inflation. Sie ist die Schöne Helena der Schieber. Mit Grabsteinen ka

»Weil ich ein sentimentaler Philosoph bin und den Grabsteinen treu bleibe. Also wie ist es mit der Gehaltserhöhung? Auch Philosophen brauchen einen bescheidenen Aufwand an Garderobe.«

»Ka

»Morgen ist So

Georg holt vom Vorplatz den Koffer mit Geld herein. Er greift hinein und wirft mir zwei Pakete zu.»Reicht das?«

Ich sehe, daß es meistens Hunderter sind.»Gib ein halbes Kilo mehr von dem Tapetenpapier«, sage ich.»Das hier sind höchstens fünftausend. Katholische Schieber legen das so

Georg kratzt sich den kahlen Schädel – eine atavistische Geste, ohne Si

»Wie ist es eigentlich mit uns?«frage ich.»Sind wir pleite, oder geht es uns glänzend?«

Georg tut einen langen Zug aus seiner Meerschaumspitze.

»Ich glaube, das weiß heute keiner mehr von sich in Deutschland. Nicht einmal der göttliche Sti

»Sachwerte!«Ich sehe hinaus in den Garten, in dem unser Lager steht.»Wir haben wahrhaftig nicht mehr allzu viele. Hauptsächlich Sandstein und gegossenes Zeug. Aber wenig Marmor und Granit. Und das bißchen, was wir haben, verkauft uns dein Bruder mit Verlust. Am besten wäre es, wir verkauften gar nichts, was?«

Georg braucht nicht zu antworten. Eine Fahrradglocke erklingt draußen. Schritte kommen über die alten Stufen. Jemand hustet rechthaberisch. Es ist das Sorgenkind des Hauses, Heinrich Kroll junior, der zweite Inhaber der Firma.

Er ist ein kleiner, korpulenter Ma