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Brose hatte ein schmales, gequältes Gesicht. Ruth wußte, daß fast jeder im Hotel vor ihm davonlief, we

»Sie ist sehr viel allein – und Sie wissen ja, wie das ist -, da verliert sie leicht die Hoffnung. Es gibt Tage, da ist sie besonders traurig. Aber we

Ruth war gerade dabei, Pullover aus leichter Kaschmirwolle stricken zu lernen; man hatte ihr gesagt, ein russisches Geschäft in den Champs-Elysées kaufe so etwas, um es für den dreifachen Preis weiterzuverkaufen. Sie wollte weiterarbeiten und wäre wohl nicht gegangen – aber dieses hilflose Anpreisen:»Meine Frau ist klug«entschied. Es beschämte sie auf eine sonderbare Weise.»Warten Sie einen Augenblick«, sagte sie.»Ich hole ein paar Sachen; da

Sie holte ihre Wolle und ihr Muster und ging mit Brose hinunter. Die Frau lag im ersten Stock in einem kleinen Zimmer nach der Straße hin. Broses Gesicht veränderte sich, als er mit Ruth eintrat. Er strahlte angestrengt.»Lucie, hier ist Fräulein Holland«, sagte er eifrig.»Sie möchte dir gern etwas Gesellschaft leisten.«

Zwei dunkle Augen in einem wachsbleichen Gesicht richteten sich mißtrauisch auf Ruth.»Ich gehe da

Er lächelte, winkte und zog die Tür hinter sich zu.

»Er hat Sie geholt, nicht wahr?«fragte die blasse Frau nach einer Weile.

Ruth wollte zuerst etwas anderes antworten, aber da

»Ich habe es mir gedacht. Danke, daß Sie gekommen sind. Aber ich ka

»Ich habe nichts vor«, sagte Ruth.»Ich lerne nur gerade strikken. Das ka

»Es gibt angenehmere Dinge, als bei einer Kranken zu sitzen«, sagte die Frau müde.

»Sicher. Aber es ist doch besser, als allein zu sitzen.«

»Das sagen alle immer, um einen zu trösten«, murmelte die Frau.»Ich weiß, Kranke will man immer trösten. Sagen Sie doch ruhig frei heraus, daß es Ihnen unangenehm ist, bei einer unbeka

»Das ist richtig«, erwiderte Ruth.»Ich habe auch gar nicht die Absicht, Sie zu trösten. Aber ich bin froh, einmal mit jemand reden zu kö

»Sie kö

»Das tue ich nicht gern.«

Ruth sah auf, weil keine Antwort kam. Sie blickte in ein fassungsloses Gesicht. Die Kranke hatte sich aufgestützt und starrte sie an, und plötzlich stürzten ihr die Tränen wie Sturzbäche aus den Augen. Das Gesicht war in einer Sekunde wie überschwemmt.»Mein Gott«, schluchzte sie,»das sagen Sie so einfach – und ich -, we

Sie fiel in die Kissen zurück. Ruth war aufgestanden. Sie sah die grau-weißen Schultern zucken, sie sah das armselige Bett im staubigen Nachmittagslicht, und sie sah dahinter die so

Die Frau hörte auf zu weinen. Sie richtete sich langsam auf.»Sie sind noch da?«fragte sie.

»Ja.«

»Ich bin hysterisch und nervös. Ich habe manchmal so Tage. Bitte seien Sie mir nicht böse.«

»Nein. Ich war gedankenlos, das war alles.«

Ruth setzte sich wieder neben das Bett. Sie legte das Muster des Pullovers, das sie mitgebracht hatte, vor sich hin und bega

»Sie halten die Nadeln nicht richtig«, sagte die Kranke nach einer Weile.»Sie kommen so viel langsamer vorwärts. Sie müssen das anders machen.«

Sie nahm die Nadeln und zeigte es Ruth. Da

Ruth blickte auf. Die Kranke lächelte sie an. Ihr Gesicht war jetzt aufmerksam und gesammelt und ganz mit der Arbeit beschäftigt. Es zeigte nichts mehr von dem Ausbruch kurz vorher. Die blassen Hände arbeiteten leicht und schnell.

»So«, sagte sie eifrig,»nun versuchen Sie es einmal.«





Brose kam abends zurück. Das Zimmer war dunkel. Im Fenster stand nur der apfelgrüne Abendhimmel und die rotleuchtende, riesige Flasche Dubo

Die Frau im Bett rührte sich, und Brose sah jetzt ihr Gesicht. Es war sanft gerötet durch den Widerschein der Lichtreklame – als wäre ein Wunder geschehen und sie plötzlich gesund geworden.

»Hast du geschlafen?«fragte er.

»Nein. Ich liege nur so.«

»Ist Fräulein Holland schon lange fort?«

»Nein. Erst ein paar Minuten.«

»Lucie.«Er setzte sich vorsichtig auf den Rand des Bettes.

»Mein Lieber.«Sie strich über seine Hand.»Hast du etwas erreicht?«

»Noch nicht, aber es wird schon kommen.«

Die Frau lag eine Zeitlang und schwieg.»Ich bin eine solche Last für dich, Otto«, sagte sie da

»Wie ka

»Du wärest frei. Da kö

»So?«

»Ja«, sagte sie,»laß dich von mir scheiden! Man wird es dir drüben sogar hoch anrechnen, daß du es getan hast.«

»Der Arier, der sich auf sein Blut beso

»So ähnlich ne

»Nein, aber ich habe was gegen sie.«

Brose lehnte den Kopf gegen den Bettpfosten. Er dachte daran, wie sein Chef zu ihm in das Zeichenbüro gekommen war und lange herumgeredet hatte von den Zeiten, von seiner Tüchtigkeit, und wie schade es sei, daß man ihm kündigen müsse, nur weil er eine jüdische Frau habe. Er hatte seinen Hut genommen und war gegangen. Acht Tage später hatte er seinem Hausportier, der gleichzeitig Blockwart und Parteispitzel war, die Nase blutiggeschlagen, weil er seine Frau als Judensau bezeichnet hatte. Das wäre beinahe schlecht ausgegangen. Zum Glück hatte sein Anwalt dem Portier staatsfeindliche Reden beim Bier nachweisen kö

Der apfelgrüne Himmel vor dem Fenster verlor seine Farbe.

Er wurde staubig und dunkler.»Hast du Schmerzen gehabt, Lucie?«fragte Brose.

»Nicht sehr. Ich bin nur furchtbar müde. So von i

Brose strich ihr über das Haar. Es leuchtete in kupfernen Reflexen unter dem Licht der Dubo

Die Frau bewegte langsam den Kopf unter seiner Hand.»Was mag es nur sein, Otto? Ich habe nie etwas Derartiges gehabt. Und es dauert schon Monate.«

»Irgend etwas. Nichts Schlimmes. Frauen haben oft irgend etwas.«

»Ich glaube, ich werde nie mehr gesund«, sagte die Frau plötzlich trostlos.

»Du wirst bestimmt gesund. Sogar sehr bald. Du mußt nur Mut haben.«

Draußen kroch die Nacht über die Dächer. Brose saß still, den Kopf immer noch an den Bettpfosten gelehnt. Sein tagsüber versorgtes und ängstliches Gesicht wurde klar und friedlich im undeutlichen letzten Licht.