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»Wunderbar! Eine Aufenthaltserlaubnis sogar! Da brauchst du überhaupt keine Angst zu haben! Ich sah dich schon allein an der Grenze. Du bist blaß und schmal geworden, Ruth!«

»Ich bin aber wieder ganz gesund. Sehe ich häßlicher aus?«

»Nein, viel schöner! Du bist jedesmal schöner, we

»Ja«, sagte Ruth.»Hunger nach allem; dich zu sehen, über Straßen zu gehen, nach Luft und Sprechen.«

»Da

»Am Bahnhof natürlich! Ich bin doch ein alter, gelernter Vagabund.«

»Ja! Ich bin stolz auf dich! Ruth, jetzt kommt deine erste illegale Grenze. Das ist ungefähr wie das Abitur. Hast du Angst?«

»Überhaupt nicht.«

»Das brauchst du auch nicht. Diese Grenze ke

»Du hast schon Fahrkarten? Wo hast du de

»Ich habe in meiner Verzweiflung die Schweizer Geistlichkeit ausgeplündert. Ich bin wie ein Gangster durch Basel und Genf gebraust. Für ein halbes Jahr darf ich mich jetzt hier nicht mehr sehen lassen.«

Ruth lachte.»Ich bringe auch etwas Geld mit. Doktor Beer hat es von einer Flüchtlingshilfe für mich geholt.«

Sie standen dicht nebeneinander und rückten langsam in der Kette der Wartenden vor. Kern hielt Ruths herabhängende Hand fest in der seinen. Sie sprachen leise, mit unterdrückten Stimmen, und bemühten sich, möglichst gleichmütig und unbeteiligt auszusehen.

»Wir scheinen ein unheimliches Glück zu haben«, sagte Kern.»Du kommst nicht nur wieder – mit einer Aufenthaltsgenehmigung – du bringst sogar noch Geld mit! Weshalb hast du mir de

»Ich hatte Angst! Ich dachte, man kö

Kern drückte ihre Hand.»Ich weiß es. Hast du schon ein Zimmer?«

»Nein. Ich bin gleich von der Bahn hierhergegangen.«

»Ja, nur…«Kern zögerte einen Moment.»Weißt du, ich bin in den letzten Tagen so eine Art Nachtwandler geworden. Ich wollte nichts riskieren. Da habe ich mehr die staatlichen Pensionen benutzt.«Er bemerkte Ruths Blick.»Nein, nein«, sagte er,»nicht das Gefängnis. Die Zollwachen. Man schläft dort sehr gut. Warm vor allem. Alle Zollwachen sind prima geheizt, we

»Das werden wir nicht tun. Ich bleibe bei dir. We

»Was?«fragte der Postbeamte hinter dem Schalter ungeduldig.

Sie waren bis zum Fenster vorgerückt, ohne darauf zu achten.

»Eine Briefmarke für zehn Centimes«, sagte Kern, rasch gefaßt.

Der Beamte schob die Marke hinüber. Kern zahlte, und sie gingen dem Ausgang zu.»Was willst du de

»Ich weiß nicht. Ich habe sie nur so gekauft. Ich reagiere automatisch, we

»Ammers…«, sagte Ruth.»Weißt du, daß er bei Beer in Behandlung ist?«

»Was? Ist das wahr?«Kern starrte sie an.»Jetzt sag noch wegen Leberbeschwerden, und ich stehe vor Jubel kopf.«





Ruth lachte. Sie lachte so, daß sie sich bog wie eine Weide im Wind.»Ja – es ist wahr! Deshalb ist er ja bei Beer! Beer ist der einzige Spezialist in Murten. Denk dir, das macht dem Ammers noch Gewissensbeschwerden dazu – daß er zu einem jüdischen Arzt gehen muß!«

»Großer Gott! Das ist ein stolzer Moment in meinem Leben! Steiner hat mir einmal gesagt, Liebe und Rache gleichzeitig wäre das Seltenste in der Welt. Hier stehe ich, auf den Stufen der Hauptpost in Genf, und habe es! Vielleicht sitzt auch Binding jetzt gerade im Gefängnis oder hat sich ein Bein gebrochen!«

»Oder man hat ihm sein Geld gestohlen.«

»Noch besser! Du hast gute Ideen, Ruth!«

Sie gingen die Stufen hinunter.»Dicker Verkehr ist am besten«, sagte Kern.»Da ka

»Gehen wir heute nacht über die Grenze?«fragte Ruth.

»Nein. Du mußt dich erst ausruhen und schlafen. Es ist ein langer Weg.«

»Und du! Mußt du nicht schlafen? Wir kö

»Ich weiß es nicht mehr«, sagte Kern.»Ich glaube nicht. So dicht an der Grenze ka

»Ich wäre auch nicht allein hiergeblieben«, sagte Ruth.

16

Es gelang Kern und Ruth, unbemerkt die Grenze zu überschreiten und in Bellegarde die Bahn zu erreichen. Sie kamen abends in Paris an und standen vor dem Bahnhof, ohne zu wissen wohin.

»Mut, Ruth!«sagte Kern.»Wir werden in irgendein kleines Hotel gehen. Heute ist es zu spät, etwas anderes zu versuchen. Morgen sehen wir da

Ruth nickte. Sie war müde von der Nacht und der Fahrt. Gehen wir in irgendein Hotel.«

Sie fanden in einer Seitenstraße ein rot aufleuchtendes Glasschild; Hotel Habana. Kern ging hinein und fragte, was ein Zimmer koste. -»Für die ganze Nacht?«fragte der Portier.

»Ja, natürlich«, erwiderte Kern verwundert.

»Fünfundzwanzig Francs.«

»Für zwei Personen?«fragte Kern.

»Ja, natürlich«, erwiderte der Portier, jetzt seinerseits verwundert.

Kern ging hinaus, um Ruth zu holen. Der Portier warf einen raschen Blick auf beide und schob Kern da

Kern schrieb sich erleichtert als Ludwig Oppenheim ein.»Das genügt«, sagte der Portier.»Fünfundzwanzig Francs.«

Kern zahlte, und ein Junge führte sie hinauf. Das Zimmer war klein, sauber und sogar von einer gewissen Eleganz. Es enthielt ein großes, bequemes Bett, zwei Waschtische, einen Sessel, aber keinen Schrank.»Wir kommen auch ohne Schrank aus«, sagte Kern und ging zum Fenster, um hinauszuschauen. Da

»Ja«, erwiderte sie und lächelte ihn an.»Und wie schnell das alles ging.«

»Mit den Anmeldezetteln brauchen wir hier nicht viel Sorge zu haben. Hast du gehört, wie ich Französisch gesprochen habe? Ich habe alles verstanden, was der Portier gesagt hat.«

»Du warst wunderbar!«erwiderte Ruth.»Ich hätte den Mund nicht aufbekommen.«

»Dabei sprichst du viel besser Französisch als ich. Ich bin nur frecher als du, das ist alles! Komm, jetzt gehen wir essen. Eine Stadt erscheint einem so lange feindlich, bis man in ihr gegessen und getrunken hat.«

Sie gingen in ein kleines, hell erleuchtetes Bistro in der Nähe.