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Nun war an gegenwärtigen sämtlichen Lebensverhältnissen, diesen Familienverbindungen, Gesellschafts- und Anstandsbezügen nichts mehr zu schonen; er sah vor sich hin, entzog seine Hand Julien und war so schnell zur Türe hinaus, daß die Versammlung ihn unversehens vermißte und er sich selbst draußen nicht wiederfinden ko

Scheu vor dem Tageslichte, das im höchsten Glanze über ihn herabschien, die Blicke begegnender Menschen vermeidend, aufsuchende fürchtend, schritt er vorwärts und gelangte zu dem großen Gartensaal. Dort wollten ihm die Kniee versagen, er stürzte hinein und warf sich trostlos auf den Sofa unter dem Spiegel: mitten in der sittlich-bürgerlichen Gesellschaft in solcher Verworrenheit befangen, die sich wogenhaft um ihn, in ihm hin und her schlug. Sein vergangenes Dasein kämpfte mit dem gegenwärtigen, es war ein greulicher Augenblick.

Und so lag er eine Zeit, mit dem Gesichte in das Kissen versenkt, auf welchem gestern Lucindens Arm geruht hatte. Ganz in seinen Schmerz versunken, fuhr er, sich berührt fühlend, schnell in die Höhe, ohne die A

Vermutend, man habe sie gesendet, ihn abzuholen, ihr aufgetragen, ihn mit schicklichen, schwesterlichen Worten in die Gesellschaft, seinem widerlichen Schicksal entgegen zu führen, rief er aus:»Sie hätte man nicht senden müssen, Lucinde, de

Er machte eine Bewegung zu entschlüpfen, ihr, die so gedrängt vor ihm stand; aber sie faßte ihn sanft in ihren Arm. — »Was machen Sie!«rief er aus. — »Lucidor!«rief sie,»nicht zu bedauern, wie Sie wohl wähnen, Sie sind mein, ich die Ihre; ich halte Sie in meinen Armen, zaudern Sie nicht, die Ihrigen um mich zu schlagen. Ihr Vater ist alles zufrieden; Antoni heiratet meine Schwester. «Erstaunt zog er sich von ihr zurück.»Das wäre wahr?«Lucinde lächelte und nickte, er entzog sich ihren Armen.»Lassen Sie mich noch einmal in der Ferne sehen, was so nah, so nächst mir angehören soll. — Er faßte ihre Hände, Blick in Blick!» Lucinde, sind Sie mein?«— Sie versetzte:»Nun ja doch«, die süßesten Tränen in dem treusten Auge; er umschlang sie und warf sein Haupt hinter das ihre, hing wie am Uferfelsen ein Schiffbrüchiger; der Boden bebte noch unter ihm. Nun aber sein entzückter Blick, sich wieder öffnend, fiel in den Spiegel. Da sah er sie in seinen Armen, sich von den ihren umschlungen; er blickte wieder und wieder hin. Solche Gefühle begleiten den Menschen durchs ganze Leben. Zugleich sah er auch auf der Spiegelfläche die Landschaft, die ihm gestern so greulich und ahnungsvoll erschienen war, glänzender und herrlicher als je; und sich in solcher Stellung, auf solchem Hintergrunde! Genugsame Vergeltung aller Leiden.

«Wir sind nicht allein«, sagte Lucinde, und kaum hatte er sich von seinem Entzücken erholt, so erschienen geputzt und bekränzt Mädchen und Knaben, Kränze tragend, den Ausgang versperrend.»Das sollte alles anders werden«, rief Lucinde;»wie artig war es eingerichtet, und nun geht's tumultuarisch durcheinander!«Ein munterer Marsch tönte von weitem, und man sah die Gesellschaft den breiten Weg her feierlich heiter heranziehen. Er zauderte entgegenzusehen und schien seiner Schritte nur an ihrem Arm gewiß; sie blieb neben ihm, die feierliche Szene des Wiedersehens, des Danks für eine schon vollendete Vergebung von Augenblick zu Augenblick erwartend.

Anders war's jedoch von den launischen Göttern beschlossen; eines Posthorns lustig schmetternder Ton, von der Gegenseite, schien den ganzen Anstand in Verwirrung zu setzen.»Wer mag kommen?«rief Lucinde. Lucidorn schauderte vor einer fremden Gegenwart, und auch der Wagen schien ganz fremd. Eine zweisitzige, neue, ganz neuste Reisechaise! Sie fuhr an den Saal an. Ein ausgezeichneter, anständiger Knabe sprang hinten herunter, öffnete den Schlag, aber niemand stieg heraus; die Chaise war leer, der Knabe stieg hinein, mit einigen geschickten Handgriffen warf er die Spriegel zurück, und so war in einem Nu das niedlichste Gebäude zur lustigen Spazierfahrt vor den Augen aller Anwesenden bereitet, die indessen herankamen. Antoni, den übrigen voreilend, führte Julien zu dem Wagen.»Versuchen Sie«, sprach er,»Ob Ihnen das Fuhrwerk gefallen ka

«Sie sind allerliebst!«rief Julie. Der Knabe trat heran und zeigte mit Taschenspielergewandtheit alle Bequemlichkeiten, kleine Vorteile und Behendigkeiten des ganzen leichten Baues.

«Auf der Erde weiß ich keinen Dank«, rief Julie,»nur auf diesem kleinen, beweglichen Himmel, aus dieser Wolke, in die Sie mich erheben, will ich Ihnen herzlich danken. «Sie war schon eingesprungen, ihm Blick und Kußhand freundlich zuwerfend.»Gegenwärtig dürfen Sie noch nicht zu mir herein, da ist aber ein anderer, den ich auf dieser Probefahrt mitzunehmen gedenke, er hat auch noch eine Probe zu bestehen. «Sie rief nach Lucidor, der, eben mit Vater und Schwiegervater in stummer Unterhaltung begriffen, sich gern in das leichte Fuhrwerk nötigen ließ, da er ein unausweichlich Bedürfnis fühlte, nur einen Augenblick auf irgendeine Weise sich zu zerstreuen. Er saß neben ihr, sie rief dem Postillon zu, wie er fahren solle. Flugs entfernten sie sich, in Staub gehüllt, aus den Augen der verwundert Nachschauenden.

Julie setzte sich recht fest und bequem ins Eckchen. — »Rücken Sie nun auch dorthin, Herr Schwager, daß wir uns recht bequem in die Augen sehen.»

Lucidor . Sie empfinden meine Verwirrung, meine Verlegenheit; ich bin noch immer wie im Traume, helfen Sie mir heraus.

Julie . Sehen Sie die hübschen Bauersleute, wie sie freundlich grüßen! Bei Ihrem Hiersein sind Sie ja nicht ins obere Dorf gekommen. Alles wohlhabende Leute, die mir alle gewogen sind. Es ist niemand zu reich, dem man nicht einmal wohlwollend einen bedeutenden Dienst erweisen kö

Lucidor . Ich glaub' es gern und geb' es zu; aber was sollen die Äußerlichkeiten gegen die Verworrenheit meines I

Julie . Nur Geduld, ich will Ihnen die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit zeigen. Nun sind wir oben! Wie klar das ebene Land gegen das Gebirg hinliegt! Alle diese Dörfer verdanken meinem Vater gar viel, und Mutter und Töchtern wohl auch. Die Flur jenes Städtchens dort hinten macht erst die Grenze.

Lucidor . Ich finde Sie in einer wunderlichen Stimmung; Sie scheinen nicht recht zu sagen, was Sie sagen wollten.

Julie . Nun sehen Sie hier links hinunter, wie schön sich das alles entwickelt! Die Kirche mit ihren hohen Linden, das Amthaus mit seinen Pappeln hinter dem Dorfhügel her. Auch die Gärten liegen vor uns und der Park.

Der Postillon fuhr schärfer.

Julie . Jenen Saal dort droben ke

Lucidor, verdrießlich, erwiderte nichts; sie fuhren eine Zeitlang stillschweigend vor sich hin, es ging sehr schnell.»Hier«, sagte Julie,»fängt der schlechte Weg an, um den mögen Sie sich einmal verdient machen. Eh es hinabgeht, schauen Sie noch hinüber, die Buche meiner Mutter ragt mit ihrem herrlichen Gipfel über alles hervor. Du fährst«, fuhr sie zum Kutschenden fort,»den schlechten Weg hin, wir nehmen den Fußpfad durchs Tal und sind eher drüben wie du. «Im Aussteigen rief sie aus:»Das gestehen Sie doch, der ewige Jude, der unruhige Anton Reiser, weiß noch seine Wallfahrten bequem genug einzurichten, für sich und seine Genossen: es ist ein sehr schöner, bequemer Wagen.»

Und so war sie auch schon den Hügel drunten; Lucidor folgte si

Julie . Nun sitzen wir hier und gehen einander nichts an, das hat de

Lucidors Verwunderung nahm zu.

Julie . Aber freilich Lucinde! Sie ist der Inbegriff aller Vollkommenheiten, und die niedliche Schwester war ein für allemal ausgestochen. Ich seh' es, auf Ihren Lippen schwebt die Frage, wer uns so genau unterrichtet hat?

Lucidor . Es steckt ein Verrat dahinter!

Julie . Jawohl! ein Verräter ist im Spiele.

Lucidor . Ne

Julie . Der ist bald entlarvt. Sie selbst! — Sie haben die löbliche oder unlöbliche Gewohnheit, mit sich selbst zu reden, und da will ich de

Lucidor (aufspringend). Eine saubere Gastfreundschaft, auf diese Weise den Fremden eine Falle zu stellen!

Julie . Keineswegs; wir dachten nicht daran, Sie zu belauschen, so wenig als irgendeinen andern. Sie wissen, Ihr Bett steht in einem Verschlag der Wand, von der Gegenseite geht ein anderer herein, der gewöhnlich nur zu häuslicher Niederlage dient. Da hatten wir einige Tage vorher unsern Alten genötigt zu schlafen, weil wir für ihn in seiner abgelegenen Einsiedelei viele Sorge trugen; nun fuhren Sie gleich den ersten Abend mit einem solchen leidenschaftlichen Monolog ins Zeug, dessen Inhalt er uns den andern Morgen angelegentlichst entdeckte.

Lucidor hatte nicht Lust, sie zu unterbrechen. Er entfernte sich.

Julie (aufgestanden ihm folgend). Wie war uns mit dieser Erklärung gedient! De